Unternehmenssteuerrecht der Vereinigten Arabischen Emirate
Teil 1: Das DBA zwischen der Schweiz und den Vereinigten Arabischen Emiraten
Am 6. Oktober 2011 haben die Schweiz und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Dubai ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen geschlossen (DBA).[1] In diesem ersten Teil unserer Blog-Beiträge zum Unternehmenssteuerrecht der VAE möchten wir einen Überblick über die für juristische Personen relevanten Bestimmungen des DBA geben.
Geltungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens
Das DBA gilt für alle juristischen Personen, die in einem der beiden oder in beiden Vertragsstaaten steuerlich ansässig sind. Es findet sowohl auf bestehende als auch auf zukünftige auf das Einkommen juristischer Personen erhobene Steuern Anwendung.
Steuerliche Behandlung von Unternehmensgewinnen, Art. 7 DBA
Unternehmensgewinne werden grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat besteuert, es sei denn, ein Unternehmer hat eine Betriebsstätte im Quellenstaat und erzielt durch diese Betriebsstätte Gewinne. Eine Betriebsstätte ist eine feste Geschäftseinrichtung, so z.B. ein Verwaltungssitz, Tochtergesellschaften oder Fabrikations- und Werkstätten. Die Unternehmen können bei der Steuererklärung alle Aufwendungen vom Gewinn der Betriebsstätte abziehen, die dem Betriebszweck dienen, einschliesslich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten. Zu beachten ist die durch das Änderungsprotokoll vom 5. November 2022 eingefügte Bestimmung, wonach Unternehmensgewinne von Betriebsstätten nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr von einem Vertragsstaat berichtigt werden können, es sei denn, es liegt ein Fall von Missbrauch vor.[2] In Bezug auf verbundene Unternehmen (Art. 9 DBA) gilt, dass sämtliche Gewinne eines Unternehmens im Gewinn des anderen verbundenen Unternehmens einbezogen und entsprechend besteuert werden. Wenn demnach ein VAE-Unternehmen unmittelbar oder mittelbar an der Verwaltung, Kontrolle oder dem Kapital eines schweizerischen Unternehmens beteiligt ist oder wenn dieselben Unternehmungen unmittelbar oder mittelbar an der Verwaltung, Kontrolle oder dem Kapital der Unternehmungen in den VAE und der Schweiz beteiligt sind, dann werden die gegenseitigen Gewinne bei der Besteuerung berücksichtigt.
Steuerliche Behandlung von Dividendenzahlungen, Art. 10 DBA
Dividenden, die von einem Schweizer Unternehmen an eine juristische Person in den VAE gezahlt werden, können sowohl in den VAE als auch in der Schweiz besteuert werden. Der Begriff Dividenden umfasst zunächst Einkünfte aus Aktien sowie solche aus Gründeranteilen mit Gewinnbeteiligung. Sofern auch sonstige aus Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte erfasst werden sollen, ist auf die steuerliche Gleichstellung mit den Einkünften aus Aktien nach dem Recht des Quellenstaates abzustellen. Der effektive Quellensteuersatz für Dividenden beträgt grundsätzlich 15 Prozent des Bruttobetrags, es sei denn, es handelt sich um Dividenden, die an Gesellschaften mit einer Beteiligung von mindestens 10 Prozent an der ausschüttenden Gesellschaft gezahlt werden. In diesem Fall sinkt der Steuersatz auf 5 Prozent. Um die Doppelbesteuerung zu vermeiden, bestimmt Art. 22 DBA, dass Dividenden, die ein in den VAE ansässiges Unternehmen an ein Schweizer Unternehmen ausschüttet, dieselben Steuervergünstigungen geniesst, wie eine in der Schweiz ansässige dividendenberechtigte Gesellschaft. Ferner kann auf Dividenden, die von den VAE besteuert werden, in der Schweiz ein Steuerabzug in Höhe der in den VAE erhobenen Steuer sowie eine pauschale Kürzung der Schweizer Steuer oder gar eine teilweise Befreiung dieser Dividenden von der Schweizer Steuer geltend gemacht werden.
Steuerliche Behandlung von Zinsen, Art. 11 DBA
Zinsen sind Einkünfte aus Forderungen jeder Art, also nicht nur Hypothekarzinsen, sondern auch Zinsen aus Wertpapieren, Anleihen und Obligationen. Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und deren Nutzungsberechtigter im anderen Vertragsstaat ansässig ist, können nur in diesem anderen Vertragsstaat besteuert werden. Das bedeutet, dass Zinsen, die in der Schweiz anfallen und an juristische Personen in den VAE gezahlt werden, auch nur in den VAE steuerpflichtig sind und umgekehrt.
Steuerliche Behandlung von Lizenzgebühren, Art. 12 DBA
Diese Regel gilt ebenfalls für Lizenzgebühren, also solche Vergütungen, die für die Nutzungsrechte an Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, wie beispielsweise Patenten und Marken gezahlt werden. Hierbei gilt, dass Lizenzgebühren, die in der Schweiz entstehen und einer juristischen Person in den VAE zustehen, auch nur in den VAE besteuert werden können und umgekehrt.
Steuerliche Behandlung von Einkünften aus unbeweglichem Vermögen, Art. 6 DBA, und von Gewinnen aus der Veräusserung von Vermögen, Art. 13 DBA
Im Unterschied dazu können Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen sowohl im Ansässigkeits- als auch im Quellenstaat besteuert werden. Unbewegliches Vermögen umfasst die in der Land- und Forstwirtschaft verwendeten Viehbestände und Geräte sowie den Niessbrauch von unbeweglichem Vermögen und Rechte auf variable oder feste Zahlungen, Mineralvorkommen, Quellen und andere natürliche Ressourcen. Kein unbewegliches Vermögen sind Schiffe und Flugzeuge. Die Gewinne aus ihrer Veräusserung werden gemäss Art. 13 DBA an dem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens besteuert. Gewinne aus der Veräusserung von Aktien, deren Vermögen unmittelbar oder mittelbar hauptsächlich aus in einem Vertragsstaat gelegenem unbeweglichem Vermögen besteht, können in diesem Vertragsstaat besteuert werden.
Fazit und Ausblick
Die Besteuerung von international agierenden Unternehmen ist komplex und kann unter Umstände sehr kostspielig werden. Unsere Kanzlei hat sich deshalb auf die steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten juristischer Personen in der Schweiz und in den VAE spezialisiert. Für eine gezielte rechtliche Beratung stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
In Teil 2 unserer Reihe «Unternehmenssteuerrecht der Vereinigten Arabischen Emirate» gehen wir auf die Hintergründe des am 5. November 2022 zwischen der Schweiz und den VAE unterzeichneten Protokolls zur Änderung des DBA ein.
Christoph Engel-Bunsas, LL.M., Maîtrise en Droit
[1] Aktuell unterhält die Schweizerische Eidgenossenschaft DBA mit 119 Staaten, die VAE mit 137 Staaten.
[2] In Teil 2 unserer Reihe beleuchten wir die Hintergründe dieses Änderungsprotokolls.